Deutsche Cannabisagentur rechnet 2019 mit erster Ernte

 

Kurz vor Inkrafttreten des sogenannten Cannabisgesetzes hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) heute in Berlin über die neue Cannabisagentur informiert. Diese in der Abteilung 4 des BfArM in Bonn angesiedelte staatliche Stelle wird künftig den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland steuern und kontrollieren. Im Detail gehören dazu der Anbau, die Ernte, die Verarbeitung, die Qualitätsprüfung, die Lagerung, die Verpackung und die Abgabe in den Handel. «Das Cannabis wird aber nicht ins BfArM transportiert, dort gelagert und von dort aus verteilt werden», betonte Professor Dr. Werner Knöss, Leiter der Abteilung 4 der Behörde. Dies geschehe stattdessen bei den jeweiligen Anbaubetrieben.

Das Gesetz, mit dem die Abgabe von Cannabis auf Rezept legalisiert wird, liegt nach Verabschiedung des Bundestags und Zustimmung des Bundesrats jetzt beim Bundespräsidenten, der es unterschreiben muss, bevor es in Kraft treten kann. Sobald das geschehen ist, wird die Cannabisagentur den Anbau von Medizinalhanf in Deutschland ausschreiben – und zwar EU-weit. «Um den Anbau bewerben können sich Unternehmer aus der gesamten EU, der Anbau wird aber hier in Deutschland stattfinden», erklärte Knöss.

 

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Interessierte Unternehmer werden hohe Anforderungen erfüllen müssen, denn das Cannabis muss am Ende Arzneibuchqualität haben. Eine entsprechende Monographie im Deutschen Arzneibuch (DAB) liegt vor, befindet sich aber noch im europäischen Notifizierungsverfahren. Bereits veröffentlicht ist die Monographie «Cannabisblüten» im Deutschen Arzneimittelcodex (DAC C-053). Da Cannabis unter das Betäubungsmittelgesetz fällt, muss der Anbau zudem unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen erfolgen. Vor diesem Hintergrund rechnet das BfArM damit, dass erst 2019 Cannabis aus deutschem Anbau zur Verfügung stehen wird. Bis dahin soll der Bedarf aus Importen, etwa aus den Niederlanden und aus Kanada, gedeckt werden. Die Kontrolle des Imports obliegt nicht der Cannabisagentur, sondern den jeweiligen Landesbehörden. Importiert werden darf auch dann noch, wenn deutsche Ware verfügbar ist.

Zur genauen Menge Cannabis, die die Cannabisagentur ausschreiben wird, gab Knöss noch keine Auskunft. Es sei noch nicht abzusehen, wie vielen Patienten Cannabis auf Rezept verordnet werde. Bei der Planung des Bedarfs kann sich das BfArM an den zurzeit erteilten Ausnahmegenehmigungen orientieren. Momentan besitzen etwa 1000 Patienten die Erlaubnis, Cannabis zu medizinischen Zwecken zu konsumieren. «Bei einem durchschnittlichen Tagesbedarf von 1 g würden für die Versorgung allein dieser Patienten 365 kg pro Jahr benötigt», rechnete Dr. Peter Cremer-Schaeffer, Leiter der Bundesopiumstelle, vor.

Es ist keine gewagte Prognose, dass nach der Legalisierung die Zahl der Patienten, die Cannabis als Arzneimittel nutzen, steigen wird. Lieferengpässe sind daher wahrscheinlich, zumindest bis deutsche Ware verfügbar ist. Bereits heute «gestaltet sich der Import schwierig angesichts der Mengen, die wir in den letzten Jahren benötigt haben», sagte Lutz Stroppe, Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium.

Die erteilten Ausnahmegenehmigungen gelten nach Inkrafttreten des Gesetzes noch drei Monate. Dann verlieren sie ihre Gültigkeit. Für Patienten mit Ausnahmegenehmigung, die zurzeit die kompletten Kosten der Therapie selbst bezahlen müssen, hätte es keinen Vorteil, Cannabis weiter über diesen Weg zu beziehen, statt auf Rezept. Sie sind gehalten, ihre Ausnahmegenehmigung zurückzugeben, sobald sie das erste Mal Cannabis auf Rezept erhalten haben.

Wie teuer das deutsche Arznei-Cannabis sein wird, ist noch unklar. Die Cannabisagentur wird die Ware aus deutscher Produktion aufkaufen und dann einen Herstellerabgabepreis festlegen, zu dem sie es an Hersteller von Fertigarzneimitteln, Großhändler oder Apotheken abgibt. Dabei darf das BfArM keine Gewinne oder Überschüsse erzielen. Lediglich anfallende Personal- und Sachkosten werden berücksichtigt.

Darüber, wie Cannabis einzusetzen ist, müssen sich verordnende Ärzte selbst informieren. «Wir können dazu nicht beraten», sagte Cremer-Schaeffer. Wie bei anderen Arzneimitteln auch, gebe das BfArM keine Therapieempfehlungen. Ansprechpartner für Ärzte, die einem Patienten Cannabis verordnen wollen, sind die Landesärztekammern. In jedem Fall muss die Krankenkasse die Kostenübernahme vor dem Start der Therapie genehmigen. Das gilt auch für Patienten, die zurzeit eine Ausnahmegenehmigung für den Gebrauch von Cannabis haben.

Ein spezieller Ausweis, mit dem Patienten etwa bei Polizeikontrollen ihren medizinischen Bedarf belegen können, ist zurzeit nicht geplant. Man rechne mit dem Verständnis der zuständigen Behörden, Patienten genauso wenig zu belangen, wie das etwa bei Schmerzpatienten mit ärztlich verordnetem Opiatkonsum der Fall ist. (am)

http://www.bfarm.de/DE/Bundesopiumstelle/Cannabis/Cannabisagentur/_node.html

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